Willkommen beim Förderverein Radom Raisting

 

Erdfunkstelle und Radom

Auf dieser Internetseite informiert der Förderverein über Technik und Geschichte der Erdfunkstelle Raisting, das Industriedenkmal Radom mit Antenne 1 sowie über Satellitenkommunikation.

Das Radom Raisting ist die erste kommerziell betriebene Satelliten-Bodenstation Deutschlands. Der Bau wurde 1963/64 im Auftrag der Deutschen Bundespost errichtet. Im Inneren beherbergt die strebenlose Traglufthalle eine Parabolantenne mit 25 Metern Durchmesser, die bis 1985 dem interkontinentalen Funkverkehr (Telefon und Fernsehen) über Nachrichtensatelliten diente. Heute befindet sich das Radom im Eigentum des Landkreises Weilheim-Schongau.

Im Jahre 1999 wurde das Radom in die Denkmalliste aufgenommen und erhielt das Prädikat "von herausragender nationaler Bedeutung". Die Antenne war vor dem Hüllenriss durch den Sturm 'Bianca' am 27. Februar 2020 funktionstüchtig und konnte bei wissenschaftlichen Projekten eingesetzt werden.
Im Oktober 2021 bekam das Radom eine neue Hülle, nun geht es um die Entscheidung für die zukünftige Nutzung des Denkmals.

Informationen zum Besucherbetrieb: Details >

 

 

   

Das Radom als Denkmal

 

Das Radom als Museum

 

Das Radom als Labor

Ein Denkmal im Kontext

Der Förderverein strebt die Einrichtung eines Museums im Radom Raisting an. Das Museum soll die technische Komplexität erfahrbar und zugänglich machen, die für den Satellitenfunk gerade in der Anfangszeit nötig war und weiter nötig ist. Besonders steht dabei natürlich das Radom im Blickpunkt. Das Museum will darüber hinaus aber noch mehr. Unter dem Konzept "Ein Denkmal im Kontext" soll sich das Museum auch damit beschäftigen, wie das Radom und die vergleichbaren Einrichtungen auf der ganzen Welt die Erde zu einem globalen Kommunikationsdorf gemacht haben. So soll beispielsweise auch dem gesellschaftlichen Einfluss des Satellitenfunks Rechnung getragen werden.

Das Museum möchte sich an Laien wie an Fachleute, an Kinder wie an Erwachsene, an Nachbarn des Radom wie an Touristen richten. Die Ausstellung soll Fragen beantworten, z.B.: Warum wurde das Radom gebaut? Warum gerade in Raisting? Wie funktionierte die Technik im Radom, im Zentralgebäude und in der ganzen Erdfunkstelle? Welchen gesellschaftlichen Wandel löste das Radom aus? Was machen aktuell die anderen Antennen?
Dabei wird immer darauf geachtet, dass das Radom ohne die Erdfunkstelle, insbesondere ohne das Zentralgebäude, nicht verstanden werden kann. Hier wurden beispielsweise alle Daten zur weiteren Bearbeitung empfangen und zur Antenne zurück gesendet.

2009/2010 arbeitete der Förderverein zusammen mit einer professionellen Museumsplanerin ein Museumskonzept aus. Dieses Konzept sah im Innenbereich u.a. mehrere thematisch abgeschlossene "Ausstellungsinseln" vor, ergänzt von einer passenden Auswahl der vom Förderverein erhaltenen originalen Exponate.

Dieses Konzept wurde leider nicht umgesetzt. Über zehn Jahre blieb das Radom weitgehend leer.

2020/2021 beauftragte der Eigner (Landkreis Weilheim-Schongau) eine neue Machbarkeitsstudie zur zukünftigen Nutzung des Denkmals. Ergebnisse daraus sollen nun umgesetzt werden. (Stand Mai 2023)

Die Welt verändert sich

Apollo 11

Vor der Inbetriebnahme der Erdfunkstelle Raisting und der zugehörigen Satelliten und Sender in Breitbandtechnik im Jahre 1964 war die Übertragung von Fernseh-Livebildern aus Übersee technisch nicht möglich. Um Gefilmtes anderswo sehen zu können, mussten 2-Zoll-Magnetbänder für Videomaschinen per Flugzeug von Kontinent zu Kontinent geflogen werden.

In den Jahren vor der Inbetriebnahme des Radoms gab es auch nur 17 Telefonleitungen von Deutschland nach USA. Damals boten weder Kurzwellenfunk noch Seekabel die notwendige, breitbandige Über­tragungs­kapazität und zudem fehlte es an der geforderten Abhör-, Stör- und Sabotagesicherheit. Telefongespräche nach Übersee mussten lange im Vorfeld angemeldet werden und die Gesprächskosten waren enorm.

Der neue Übertragungsweg über Satellit bot nun völlig neue Möglichkeiten, wie die weltweite Liveübertragung von gesellschaftlichen und politischen Ereignissen. Zu den wohl eindrucksvollsten Erlebnissen der Menschen damals gehörte die Liveübertragung der Mondlandung, die über das Radom Raisting abgewickelt wurde. Auch die Zahl der interkontinentalen Fernsprechkanäle vervielfachte sich schlagartig und die Gebühren wurden erschwinglich: Die Kultur der Kommunikation und die Wahrnehmung der Welt wurden nachhaltig verändert.

Über Raisting wurden Telefongespräche nicht nur aus Deutschland, sondern aus ganz Europa nach Übersee vermittelt (und umgekehrt). Als Beispiel: Noch 1960 kostete ein dreiminütiges Telefongespäch von New York nach London 45,86 US-Dollar. Nach der Etablierung des interkontinentalen Satellitenfunks kostete dasselbe Gespräch im Jahre 1980 nur noch 4,80 US-Dollar, also nur noch rund ein Zehntel! (Die Beträge sind bereits inflationsbereinigt.) [1]

Das Radom Raisting steht damit für den Beginn der Globalisierung, die es in Deutschland und Europa entscheidend mitprägte. Das Radom in Raisting ist damit nicht allein wegen seiner spektakulären Vergangenheit und Gegenwart interessant. Es markiert ebenso einen Meilenstein auf dem Weg in die Zukunft.

 

Quelle (externer Link):
[1] Transport- und Kommunikationskosten in konstanten Preisen, Bundeszentrale für politische Bildung, 2010.

Bild Apollo 11: NASA

Das Ohr ins Weltall

Das Radom beherbergt eine Parabolantenne mit einem Durchmesser von 25 Metern. Die Antenne wurde in den Jahren 1963 und 1964 in Einzelteilen in das bereits aufgeblasene Radom gebracht und im Inneren mit einem großen Portalkran zusammengesetzt. Hauptverantwortlich waren die Firmen MAN für die Struktur und Siemens für die elektrische Ausstattung.

Die Anlage ist eine sogenannte Cassegrain-Coudé-Antenne. Das bedeutet, dass die elektromagnetische Strahlung von einem Satelliten am großen Antennenreflektor zunächst auf einen kleinen Subreflektor, der sich vor der Schüssel befindet, reflektiert wird. Von dort fällt die Welle in das Antennenhorn – eine sich verjüngende Röhre mit einem Knick, die das Satellitensignal durch eine der Antennenachsen hindurch in den oberen Betriebsraum führt. Dort kann das Satellitensignal abgegriffen und dem eigentlichen Empfänger zugeführt werden. Diese Bauart stellte seinerzeit eine völlige Neuheit dar.

Im unteren Betriebsraum sind die Sendeanlagen und die Steuerung für die Antennenachsen untergebracht. Während seines Laufs um die Erde verändert ein Satellit seine Position am Himmel. Selbst geostationäre Satelliten, die im Wesentlichen immer an derselben Stelle des Himmels stehen, verändern ihre Position doch ein wenig. Diese Positionsänderung muss von der Antenne nachverfolgt werden, um die Kommunikationsverbindung nicht abreißen zu lassen.


Während des kommerziellen Betriebs der Antenne im Radom Raisting gab es zwei verschienene Modi zur Satellitenbahnverfolgung. Mit einer frühen Rechenanlage konnte die Bahn des Satelliten vorausberechnet und auf einem Lochstreifen gespeichert werden. Die Positionswerte wurden dann während der Bahnverfolgung wieder vom Lochstreifen eingelesen und die Antennachsen entsprechend angesteuert. Als eine weitere Möglichkeit der Bahnverfolgung konnte ein sogenannter Modenkoppler direkt anhand von Abweichungen des Kommuikationssignals die Fehlstellung der Antenne erkennen und korrigieren.

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Die Antenne wurde in Einzelteilen angeliefert...
  ... und im Inneren des Radom zusammen­gesetzt. (Hier: Montage des Fangspiegels)   Auch Hilfsaggregate, wie hier die Helium­ver­flüssigungsanlage zur Kühlung des Empfängers, wurden aufgebaut.

Die Steuerung für die Antennenachsen wurde gemeinsam von Studierenden der TU München und vom Förderverein Industriedenkmal Radom Raisting e.V. repariert und wieder in Gang gesetzt. Zusätzlich wurde die Möglichkeit geschaffen, die Antenne von einem üblichen PC anzusteuern. Dabei wurde stets im Respekt vor der Eigenschaft der Antenne als Denkmal gehandelt; insbesondere kein historischer Bestand zurückgebaut. Durch diese Maßnahme ist die Antenne heute wieder funktionsfähig und wird für wissenschaftliche Projekte genutzt, worüber im Abschnitt Labor mehr zu erfahren ist. Zugleich ist die Antenne das Hauptexponat des entstehenden Museums.

Warum gerade Raisting?

Als im Jahr 1961 mit den Planungen für das Radom Raisting begonnen wurde, fand eine umfangreiche Standortsuche ihren Abschluss. Unter elf untersuchten Standorten in der ganzen Bundesrepublik bot sich Raisting in mehrfacher Hinsicht besonders an.

Radom im TalEin Satellit, den man auf einer Höhe von rund 36.000 Kilometern über dem Erdäquator positioniert, steht, vom Boden aus gesehen, immer an der gleichen Stelle am Himmel. Er sinkt niemals unter den Horizont und erlaubt eine ununterbrochene Funkverbindung – ideal für den inter­kontinentalen Fernseh- und Fernsprechverkehr. Für eine Erdfunkstelle, die mit Satelliten auf dieser Umlaufbahn kommunizieren soll, ist ein südlicher Standort vorteilhaft: Der Satellit erscheint dann höher am Himmel und das Funksignal legt eine kürzere Wegstrecke durch die störende Erdatmosphäre zurück. Damit trat eine Lage in Süddeutschland in den Fokus.

Die empfangenen Satellitensignale waren damals derartig schwach, dass sie mühelos durch andere, irdische Sender hätten überstrahlt werden können. Ein besonders wichtiges Kriterium war daher die Abwesenheit von störenden Sendeanlagen in der Umgebung des Standorts, wie beispielsweise Richtfunkstrecken oder Radaranlagen. Durch die Lage in einem weiten Tal, der sogenannten 'Raistinger Wanne', wurde diese Forderung hier besonders gut erfüllt: Die umgebenden Hügel schirmen einen Großteil des störenden irdischen Funkverkehrs ab, sind aber dennoch so niedrig, dass sie die Sicht an den Himmel nicht erheblich behindern (s. Foto).

Für die schweren Antennenanlagen war ferner ein hinreichend tragfähiger Bau-Untergrund nötig, den man ebenfalls in Raisting vorfand. Auch die umgebende Infrastruktur, wie die Bahnstrecke Geltendorf-Weilheim und die Möglichkeit, zur Ausfallsicherheit zwei leistungsfähige Stromversorgungen von unabhängigen Umspannwerken zur Anlage zu führen, waren ausschlaggebend für die Standortentscheidung.