Ein Denkmal im Kontext
Der Förderverein strebt die Einrichtung eines Museums im Radom Raisting an. Das Museum soll die technische Komplexität erfahrbar und zugänglich machen, die für den Satellitenfunk gerade in der Anfangszeit nötig war und weiter nötig ist. Besonders steht dabei natürlich das Radom im Blickpunkt. Das Museum will darüber hinaus aber noch mehr. Unter dem Konzept "Ein Denkmal im Kontext" soll sich das Museum auch damit beschäftigen, wie das Radom und die vergleichbaren Einrichtungen auf der ganzen Welt die Erde zu einem globalen Kommunikationsdorf gemacht haben. So soll beispielsweise auch dem gesellschaftlichen Einfluss des Satellitenfunks Rechnung getragen werden.
Das Museum möchte sich an Laien wie an Fachleute, an Kinder wie an Erwachsene, an Nachbarn des Radom wie an Touristen richten. Die Ausstellung soll Fragen beantworten, z.B.: Warum wurde das Radom gebaut? Warum gerade in Raisting? Wie funktionierte die Technik im Radom, im Zentralgebäude und in der ganzen Erdfunkstelle? Welchen gesellschaftlichen Wandel löste das Radom aus? Was machen aktuell die anderen Antennen?
Dabei wird immer darauf geachtet, dass das Radom ohne die Erdfunkstelle, insbesondere ohne das Zentralgebäude, nicht verstanden werden kann. Hier wurden beispielsweise alle Daten zur weiteren Bearbeitung empfangen und zur Antenne zurück gesendet.
2009/2010 arbeitete der Förderverein zusammen mit einer professionellen Museumsplanerin ein Museumskonzept aus. Dieses Konzept sah im Innenbereich u.a. mehrere thematisch abgeschlossene "Ausstellungsinseln" vor, ergänzt von einer passenden Auswahl der vom Förderverein erhaltenen originalen Exponate.
Dieses Konzept wurde leider nicht umgesetzt. Über zehn Jahre blieb das Radom weitgehend leer.
2020/2021 beauftragte der Eigner (Landkreis Weilheim-Schongau) eine neue Machbarkeitsstudie zur zukünftigen Nutzung des Denkmals. Ergebnisse daraus sollen nun umgesetzt werden. (Stand Mai 2023)
Die Welt verändert sich
Vor der Inbetriebnahme der Erdfunkstelle Raisting und der zugehörigen Satelliten und Sender in Breitbandtechnik im Jahre 1964 war die Übertragung von Fernseh-Livebildern aus Übersee technisch nicht möglich. Um Gefilmtes anderswo sehen zu können, mussten 2-Zoll-Magnetbänder für Videomaschinen per Flugzeug von Kontinent zu Kontinent geflogen werden.
In den Jahren vor der Inbetriebnahme des Radoms gab es auch nur 17 Telefonleitungen von Deutschland nach USA. Damals boten weder Kurzwellenfunk noch Seekabel die notwendige, breitbandige Übertragungskapazität und zudem fehlte es an der geforderten Abhör-, Stör- und Sabotagesicherheit. Telefongespräche nach Übersee mussten lange im Vorfeld angemeldet werden und die Gesprächskosten waren enorm.
Der neue Übertragungsweg über Satellit bot nun völlig neue Möglichkeiten, wie die weltweite Liveübertragung von gesellschaftlichen und politischen Ereignissen. Zu den wohl eindrucksvollsten Erlebnissen der Menschen damals gehörte die Liveübertragung der Mondlandung, die über das Radom Raisting abgewickelt wurde. Auch die Zahl der interkontinentalen Fernsprechkanäle vervielfachte sich schlagartig und die Gebühren wurden erschwinglich: Die Kultur der Kommunikation und die Wahrnehmung der Welt wurden nachhaltig verändert.
Über Raisting wurden Telefongespräche nicht nur aus Deutschland, sondern aus ganz Europa nach Übersee vermittelt (und umgekehrt). Als Beispiel: Noch 1960 kostete ein dreiminütiges Telefongespäch von New York nach London 45,86 US-Dollar. Nach der Etablierung des interkontinentalen Satellitenfunks kostete dasselbe Gespräch im Jahre 1980 nur noch 4,80 US-Dollar, also nur noch rund ein Zehntel! (Die Beträge sind bereits inflationsbereinigt.) [1]
Das Radom Raisting steht damit für den Beginn der Globalisierung, die es in Deutschland und Europa entscheidend mitprägte. Das Radom in Raisting ist damit nicht allein wegen seiner spektakulären Vergangenheit und Gegenwart interessant. Es markiert ebenso einen Meilenstein auf dem Weg in die Zukunft.
Quelle (externer Link):
[1] Transport- und Kommunikationskosten in konstanten Preisen, Bundeszentrale für politische Bildung, 2010.
Bild Apollo 11: NASA